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Schlagwort-Archive: Gedanken

Susepedia lebt

Entgegen anderslautenden, hartnäckigen Gerüchten ist dieser Blog nicht tot. Nur ein bisschen vernachlässigt.

Na schön, sehr vernachlässigt.

Zum einen liegt das daran, dass ich ein zweites, nicht anonymes Blog aufgemacht habe, um meine Larpaktivitäten zu dokumentieren. Deswegen werden hier in Zukunft nicht mehr allzu viele „reale“ Dinge zu diesem Thema auftauchen, also Bilder von Basteleien etc., die mir im realen Leben zuzuordnen sind. Larp an sich wird allerdings hier immer wieder mal Thema bleiben.

Der wichtigere Grund ist allerdings: Mangelnde Zeit. Ich habe nach meinem letzten Post tatsächlich den Mut gefunden, mir nochmal eine neue Stelle zu suchen. Es ging erstaunlich leicht, die Bewerbungen zu formulieren, einfach, weil ich nun sehr genau wusste, was ich wollte und – noch wichtiger – was ich definitiv nicht wollte. Ich habe nur drei oder vier Bewerbungen geschrieben, aber überall Vorstellungsgespräche gehabt, was mir schon sehr Auftrieb gegeben hat, nachdem ich bei der Mediaagentur anfing, an allem – und vor allem an mir – zu zweifeln.

Nun arbeite ich in unserer Stadt, habe einen Anfahrtsweg von 20 Minuten (mit dem Rad) und mache das Marketing und die stellvertretende Leitung eines Shopping Centers. Der Job ist spannend, war im Herbst sehr arbeitsintensiv und ist gerade etwas ruhiger. Mit meiner Chefin komme ich super klar, das Ganze ist eine wahre Wohltat für meine von Selbstzweifeln zerrüttete Seele. Nur meine Vollzeitkollegin nervt mich, weil sie einfach vollkommen teamunfähig ist, aber irgendwas ist ja immer.

Ansonsten bricht bei uns im Freundeskreis grade ein Babyboom aus: Vier Paare sind schwanger, von den verheirateten sind wir grade die einzigen außerhalb der akuten Nachwuchsphase (also von dem einen Ehepaar abgesehen, dass gerade sein Trennungsjahr beendet). Mal sehen, wie lange wir noch widerstehen. *grins* Scherz beiseite, im Augenblick habe ich nur einen Einjahresvertrag, und ich hätte schon gerne einen unbefristeten, ehe ich einen Babypause einlege. Ich hoffe nur, ich bekomme im Sommer diesen auch, und nicht einen erneuten Jahresvertrag. Warten bis ich 36 bin, wollte ich nämlich eigentlich nicht mit dem Nachwuchs. Das wird mir langsam arg spät.

Ich hoffe, dass ich es in Zukunft schaffe, wieder häufiger was zu bloggen. Wäre ja wirklich schade, wenn das hier verwaisen würde.

 

 
Ein Kommentar

Verfasst von - 7. März 2017 in Allgemein, Arbeit, berufliches, persönliches

 

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Elfer-Stöckchen

Die liebe Curima hat mir mein erstes Blogstöckchen hingehalten. Das nehme ich doch gerne an. 🙂


 

Welches Essen verbindest du mit Kindheitserinnerungen und magst du es auch heute noch?

Oh, das ist schwierig, denn meine bayerische Mutter verwöhnte uns sehr mit guter Hausmannskost. Aber was ich sehr, sehr gerne gegessen habe, waren süße Nudeln. Bandnudeln in Milch gekocht. Mit Zimtzucker und wahrscheinlich so hochkalorisch, dass ich heute tot umfallen würde, wenn ich die Zahl wüsste. Aber die Erinnerung an den Geruch der gekochten Milch und des Zimts… Tatsächlich habe ich diese Nudeln seitdem nie wieder gegessen. Ich sollte meine Mutter mal nach dem Rezept fragen.

Hattest du als Teenager jemals Star-Poster in deinem Zimmer hängen und wenn ja, von wem?

Als Kind der 80/90er bin ich ein Boygroup-Opfer, ich muss es bekennen. Zu meiner Ehrenrettung: Es waren weder Backstreet Boys noch Caught in the Act. Es war Worlds Apart. Im Nachhinein nicht wirklich besser als die ersten beiden, aber immerhin nicht Mainstream. Und ab 14 wurden diese Poster von Michael Jackson verdrängt. Bis der dann etwa zwei Jahre später meinen Wände mit Star Trek-Postern teilen musste.

Was ist aktuell dein liebstes Ding, was bei dir zu Hause an der Wand hängt?

Die Fotos meiner Freunde in unserem Flur. Und die kleine Wanderklampfe meines Liebsten.

Was war das letzte Mediendings (Buch, Serie, Spiel…), was du abgebrochen hast und warum?

Hm… Walking Dead haben wir nach der dritten Staffel nicht mehr weiter geguckt. Irgendwie ging die Luft raus. Und da wir kein netflix o.ä. haben, war uns wohl einfach die Wartezeit bis zur nächsten Staffel zu lang. Allerdings nehmen wir das irgendwann wieder auf. Hoffe ich. Ganz raus sind wir bei Dr. House, der mir einfach irgendwann zu sehr von der ursprünglichen Intention der Serie weggegangen ist (ich glaube, wir haben bis Staffel 5 geguckt).

Welche übernatürliche Fähigkeit würdest du gerne beherrschen?

Ganz klar: Fliegen! Wie Superman. Gibt’s da die Kälteunempfindlichkeit eigentlich gratis dazu?

Wie oft denkst du außerhalb des eigentlichen Spiels an deine Rollenspiel-Charaktere? 

Ich versteh die Frage nicht… „außerhalb des Spiels?“ *grinst*

Tatsächlich denke ich an meine Larp-Charaktere sehr, sehr oft. Aber da sind die Interaktion mit anderen Spielern und der Aufwand durch die Bastelei auch einfach exponentiell intensiver als im P&P. Durch den Verein ist man einfach sehr mit dieser Welt verbunden, und es gibt viele Unterhaltungen mit anderen Spielern und Vereinsmitgliedern, weil sich ja auch die Welt permanent weiterentwickelt und verändert.

Witzigerweise denke ich sehr oft an die P&P-Vampire-Runde, die ich meistere. Die Chars meiner Spieler finde ich toll, und ich ertappe mich sehr oft dabei, wie ich mir ausmale, wie sie in zukünftigen Szenen reagieren werden (natürlich liege ich immer falsch). Die Geschichten dazu findet man übrigens unter der Kategorie „Vampire“ hier im Blog. Oder hier und hier.

Was war die letzte Sache, die dich richtig aufgeregt hat?

Flüchtlingskrise. Pegida. AfD. Der Untergang von Zivilisation, Diskussionskultur und Besonnenheit in den Kommentarspalten von facebook.

Wofür würdest du gerne in 200 Jahren noch bekannt/berühmt sein?

Mich stört der Gedanke nicht, keine Spuren zu hinterlassen. Doch es würde mir gefallen, wenn meine Enkel einst ihren Kindern erzählen: Eure Urgroßeltern waren fast ihr ganzes Leben zusammen, sie bauten ein Haus, hatten Hunde und Katzen und gingen arbeiten. Und Papa hat immer erzählt, dass er schon als ganz kleiner Steppke mit durfte, wenn sie am Wochenende auf Abenteuer gingen (Gott, ist das kitschig) …

Lieber fliegen können oder lieber unter Wasser atmen?

Siehe Frage 5. Auch wenn ich Tauchen total toll finde. Aber man muss sich ja entscheiden. 😉

Gibt es irgendeine Eigenschaft, Fähigkeit oder Macke, die du 1 zu 1 von einem deiner Elternteile übernommen/geerbt hast?

Ich hoffe nicht…

Am ehesten noch die Aufgeschlossenheit meines Vaters, der sich immer für neue Dinge interessiert hat und immer alles wissen wollte, einfach um des Wissens Willen. Kann aber auch sein, dass es mir nur rückwirkend so scheint, als wäre er so gewesen.

Wo, wie und mit wem würdest du wohnen wollen, wenn Geld keine Rolle spielen würde?

Mit dem Liebsten in einem großen Haus mit viel Grundstück drum herum, weit weg von Ballungsgebieten. Platz für Tiere, ein Garten, Platz für Werkstatträume zum Nähen, Basteln, Handwerken. Idealerweise ein Gelände, auf dem man kleine Privatcons machen könnte.

Gerne auch mit ein, zwei ausgewählten befreundeten Paaren/Familien.

Oh Mann. Heute hab ich echt einen kitschigen Tag. Sind bestimmt die Hormone. 😉


 

So, dann werfe ich das Stöckchen mal weiter, und nominiere: Molly, Nandalya, PTAchen, Pharmama und Nadja. Natürlich ist auch jeder andere herzlich eingeladen, mitzumachen.

  1. Welches Essen fandest du als Kind eklig, das du inzwischen gerne isst?
  2. Hand aufs Herz: Was war deine schlimmste Modesünde?
  3. Was war das letzte Buch, das du zu Ende gelesen hast?
  4. Welche Art von Werbung nervt dich in deinem Alltag am meisten?
  5. Welche Eigenschaft hättest du gerne oder hättest du gerne ausgeprägter?
  6. Welches Buch verbindest du mit deinem Deutschunterricht?
  7. Welches Fach würdest du studieren, wenn es nur um das Interesse und nicht um Zukunftschancen ginge?
  8. Okay, ein Klassiker: Berge oder Meer?
  9. Wenn es keine Zwänge gäbe: Stadt oder Land?
  10. Eigenständig, anhänglich, verspielt: Welche Hunderasse wärst du?
  11. In welcher Fantasywelt würdest du gerne leben, wenn du dich dauerhaft für eine entscheiden müsstest?
 
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Verfasst von - 1. Februar 2016 in Allgemein, persönliches

 

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Jahresende 2015 – Bilanz

Das alte Jahr hat nur noch wenige Stunden vor sich, dann ist es Geschichte. Zeit, auch hier auf dem Blog zurückzublicken und zu schauen, was passiert ist – innerhalb und außerhalb dessen, was Platz hier findet.

2015 war in vieler Hinsicht ein Jahr des Neuen, aber auch ein Jahr der Konsequenzen. Im Frühjahr hat mich das Buch von Nadja Herrmann – „Fettlogik überwinden“ erreicht und mein Verständnis vom Abnehmen und der ganzen Mythen rund um das Thema „Gewichtsabnahme“ extrem durcheinander geschüttelt. Der Liebste und ich, die wir uns ja im Winter entschieden hatten, den Stubaier Höhenweg zu wandern, nutzen das neue Wissen und machte uns fit für den Sommer – und er – typisch Mann, meine Güte – nahm mal eben 10 kg ab.

Der Stubaier Höhenweg war wundervoll, zeigte mir aber auch gnadenlos, dass Wandern nicht alleine von Fitness und Ausdauer abhängt, sondern auch von gesunden Kniegelenken. Bis heute schlage ich mich damit herum.

Das letzte Viertel des Jahres war von einem weiteren gesundheitlichen Tiefschlag geprägt: Mitte Oktober verspürte ich auf dem Weg zu einer Messe heftigen Schmerz in einer Wade. Eine befreundete Ergotherapeutin, die weiß, dass ich an Varizen leide, schickte mich per Whatsapp dringlich ins Krankenhaus. Und ihre Befürchtung stimmte: Ich hatte eine Thrombose. Zwar nicht in einer tiefen Vene, sondern nur in einer Muskelvene, aber das gute Stück war bereits 8cm lang. Also nehme ich seit Oktober Blutverdünner und muss derzeit durch den ganzen Analyse- und Laborkram, was ziemlich nervt. Sportliche Betätigung ist seitdem ziemlich Fehlanzeige. Im Januar bekomme ich dann die Gentestergebnisse und hab einen Termin bei einer Angiologin, mit der ich dann hoffentlich besprechen kann, wie das weitergeht. Es ist schon bitter ironisch, wenn man sich vornimmt, sportlicher zu leben und dann ein Knüppel nach dem anderen zwischen die Beine geworfen wird  – vom eigenen Körper..!

Mein Liebster lernt fleißig für seinen Meister. Da seine Firma ziemlich spektakulär insovent gegangen ist, muss er sich außerdem parallel nach einem neuen Job umsehen, den er dann nach dem Meisterkurs angehen kann.

Doch es gibt auch Lichtblicke. Ich habe es endlich geschafft, meinen alten Job zu kündigen und werde im April bei einer Mediaagentur anfangen. Sicher wird das stressiger als das bisherige komfortable Dasein, aber inzwischen bin ich an einem Punkt angelangt, an dem mir klar ist, dass Unterforderung und Langeweile auf der Arbeit schlimmer sind als die eine oder andere Überstunde.

Wie sich die neuen Jobs auf die Larpsaison auswirken werden, können wir noch nicht absehen. Aber manchmal geht das reale Leben einfach vor.

In diesem Sinne – kommt gut ins Jahr 2016!

 

 
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Verfasst von - 31. Dezember 2015 in Allgemein, persönliches

 

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Offene Fragen

Heute werden der Liebste und ich bei meiner Mutter und ihrem Lebensgefährten zum Mittagessen sein.

Der gute Xaver kommt aus Sachsen und ist eigentlich ein ganz guter Kerl, und vor allem tut er meiner Mutter nach dem Tod meines Vaters als ruhiger Gefährte gut. Nur leider haben Xaver und ich ein Problem miteinander, seit er mir als als Lektüre das „Deutschlandprotokoll“ empfohlen hat.

Regelmäßig geraten wir über politische Ansichten aneinander, zumal er mit seinen Infos von Kopp, Pedigaseiten etc. meine Mutter regelmäßig zu Statements bringt, die sie eigentlich gar nicht versteht. Er gehört zu der Klasse Menschen, denen die Welt zu kompliziert geworden ist und die sich in Verschwörungsmythen flüchtet, um das Gefühl zu bekommen, der Unübersichtlichkeit dieser Welt nicht hilflos ausgeliefert zu sein, sondern im Gegenteil etwas „durchschaut“ zu haben, was andere Menschen nicht sehen – Weltverschwörung und so. Und wie das meist so ist, gehen hier Angst und Fremdenfeindlichkeit Hand in Hand… denn der Fremde könnte mir ja etwas von dem bisschen wegnehmen, das ich mir hier mühsam durch alle Unsicherheiten gerettet habe.

Jetzt ist da heute ein Essen angesetzt. Und ich frage mich, was ich ihm entgegensetzen kann, wenn er damit anfängt, die Flüchtlinge seien schuld an den Anschlägen von Paris, und die unkontrollierte Zuwanderung sei von Anfang an ein Fehler gewesen, und Merkel wäre eine Volksverräterin etc.

Seit heute weiß man wohl, dass mindestens einer der Attentäter wirklich als Flüchtling über Griechenland eingereist ist. Erst hatte ich gehofft, es wäre nur der Pass, der in Griechenland zur Registrierung genutzt wurde, aber es gibt wohl Fingerabdrücke.

Was sage ich diesem Mann heute?

Ich bin nach wie vor felsenfest überzeugt, dass es unsere humanitäre Pflicht ist, den Flüchtlingen zu helfen (und das unabhängig von unserer Vergangenheit!), und auch das Risko in Kauf nehmen müssen, dass da eben schwarze Schafe dabei sind. Aber ich bin nicht so blind, zu leugnen, dass ein reines „Grenzen auf“ in Deutschland alleine nicht dauerhaft möglich ist – es muss eine sinnvolle zentrale Steuerung geben, und auch die anderen EU-Länder müssen mitziehen – und nicht wie Polen jetzt einfach einen Rückzieher machen. Wir sind Europa, und nicht nur, wenn es darum geht, Subventionen einzusacken, sondern auch bei Problemen, verdammt noch eins!

Nur: Was sage ich Xaver heute, wenn er triumphierend „Das war doch klar“, „Diese Regierung wird sich selbst zerlegen“, und „Wir geben Milliarden aus, um die durchzufüttern, und die sprengen uns in die Luft“ oder ähnliches von sich gibt?

Vielleicht weise ich ihn einfach darauf hin, dass auch er zu den 17 Millionen „Flüchtlingen“ von 1990 gehört, die bis heute von uns per Soli unterstützt werden… was wäre denn gewesen, wenn unsere Politk damals aus Angst vor der Sowjetunion nicht mutig auf Konfronationskurs gegangen wäre?

Das mag zwar auch polemisch sein, und es ist genauso verallgemeinert wie seine Positionen, aber vielleicht bekomme ich ihn damit ja wenigstens zum Schweigen.

 
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Verfasst von - 15. November 2015 in Gesellschaftliches, Politisches

 

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Paris

Terror macht sprachlos

Terror macht Angst

Doch niemals, niemals darf er uns vergessen lassen, dass Angriffe auf unsere Freiheit uns stolz, trotzig, mutig werden lassen müssen. Nicht ängstlich, duckmäuserisch und schreiend nach mehr Kontrolle 

 
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Verfasst von - 14. November 2015 in Allgemein, Gesellschaftliches, persönliches

 

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Späte Quittung

Hallo, da draußen, noch jemand da? So lange war es wieder still bei mir. Eigentlich wollte ich hier schon einige Bilder mehr vom Urlaub posten, die Wanderung geistig wiederholen und hier aufleben lassen… allein: Weder Zeit noch meine Stimmung sind dazu im Augenblick passend.

Nachdem ich seit über einem Monat wieder zuhause bin, war ich gestern endlich zur Diagnose bei der Orthopädin – wie das ist, nach Ersttermin, Überweisung zum MRT und Folgetermin, da ziehen schnell Wochen ins Land, die man hinkend verbringt. Ein Fahrradsturz zwischendurch machte zeitweilig das Knie zur Nebensache, weil ich mir eine derartig fiese Zerrung im Oberschenkel geholt habe, das ich dann auch nur noch langsam gehen konnte. Mein Fahrrad, nebenbei, war Schrott.

Naja, jedenfalls ist mein Knie nicht richtig kaputt, nur überall ein bisschen. Vor allem ist eine Sehne und der Schleimbeutel unter der Kniescheibe entzündet. Heilungsunterstützend soll ich Stoßwellentherapie bekommen.

Dann, ein etwas zögerlicher Blick der Ärztin, die etwa mein Alter sein dürfte: Sie haben eine beginnende Arthrose.

Mit 33.

Uff.

Abnutzung durch Überbelastung vom Sport? Von einem einzigen Wanderurlaub? Unwahrscheinlich.

Nein, wahrscheinlicher: Jahrelanges Übergewicht.

Die Ärztin schaut mich überrascht an, als ich das sage. Da ich das erste Mal in ihrer Praxis bin, kennt sie meine Vorgeschichte nicht. Seit rund 16 Jahren übergewichtig, davon sicherlich 10 Jahre irgendwo im BMI-Bereich zwischen 30 und 35.

Tja.

Sie meint „die Ursachen dafür sind nicht ganz eindeutig geklärt, das kann unterschiedliche Gründe haben“, und ich denke mir: „Wenn ich es schon selbst sage, warum versuchst du es noch zu relativieren? Welche andere Erklärung wäre denn naheliegender, wenn man wenig Sport macht, keine familiäre Vorgeschichte hat?“

Eine späte Quittung. Immerhin, ich stehe kurz vorm Normalgewicht, und inzwischen macht mir Bewegung Freude. Sie sagt mir, dass man in diesem frühen Stadium sehr gut mit Sport gegensteuern kann, mit wandern, joggen, Fahrrad fahren. Das motiviert mich. Und ich bin froh, denn ich kenne mich und meinen nicht vorhandenen Ehrgeiz: Hätte ich diese Diagnose bekommen, als ich noch 100kg gewogen habe, hätte ich versucht, die Gründe woanders zu suchen. Und es hätte mich nicht dazu gebracht, mehr Sport zu machen, im Gegenteil, es hätte eine Abwehrreaktion ausgelöst. Eher hätte ich die Diagnose und die Therapieansätze in Frage gestellt – und überhaupt, das ist doch wieder dieser Fokus auf dem Gewicht, das ist doch Mist und reine Dicken-Diskriminierung! – als dass ich angefangen hätte, Sport zu machen. Nur um nicht wahrhaben zu wollen, dass ich es verbockt habe. Natürlich wusste ich, dass Übergewicht schlecht ist und ich nicht so fit bin, wie ich es gerne wäre. Natürlich hingen immer gewisse Krankheiten damoklesschwertgleich drohend über mir: Diabetes. Bluthochdruck. Aber solange ich sie nicht hatte, konnte ich sie ignorieren.

Ich bin viel auf dem Fettlogik-Blog von Nadja unterwegs, und da geht es oft um die Fatacceptance-Bewegung und die fassungslose Frage, warum Menschen ignorieren, dass sie ihrem Körper schaden. Auch ich verstehe es nicht. Aber gestern, da ist mein altes (dickes) Ich plötzlich hervorgesprungen und hat geschrien: „Lass mich in Ruhe mit unbequemen Wahrheiten! Dicksein ist nicht schädlich, das ist alles gesellschaftlicher Normierungsdruck!“

Ich hab ihm kurz zugehört. Dann habe ich meine erste Sitzung Stoßwellentherapie überstanden und bin mit der Bahn heimgefahren.

Heute Abend kaufe ich mir ein neues Fahrrad.

 
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Verfasst von - 9. Oktober 2015 in Abnehmen & Fitness, persönliches

 

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Aus aktuellem Anlass: Währ Rechtschraibfeler findett darf Sie behaltn!

Ich habe Germanistik studiert, ja. Und ich bin – behaupte ich mal – ziemlich firm in Rechtschreibung und Grammatik. Deswegen tut es mir teilweise körperlich weh, wenn ich im Internet Einträge sehe, die vor Fehlern nur so strotzen. Ja, mir ist klar, dass nicht jeder gleich gut in Rechtschreibung und der Beherrschung der deutschen Sprache ist. Das war auch schon immer so und ist früher einfach weniger aufgefallen, weil Otto Normalmensch bis ins 21. Jahrhundert hinein bei weitem nicht so viel schriftlich kommuniziert hat wie heute.

Aber: Nur weil plötzlich jeder schreiben kann (oder darf), muss ich mir dann auch diese Sprüche „wer Fehler findet, darf sie behalten“ oder „da kommen wieder die Grammatiknazis“ wirklich anhören, wenn ich jemanden auf Fehler hinweise? Oft genug behalte ich es schon für mich und tue das nicht mehr, aber ganz im Ernst: Wer beispielsweise noch nicht mal weiß, dass Satzzeichen direkt hinter die zugehörigen Wörter gehören und kein Leerzeichen dazwischen stehen darf… bei dem sehe ich: Da hat die Allgemeinbildung an einem Punkt aufgehört, der noch deutlich vor dem liegt, an dem ich jemanden als Diskussionspartner ernst nehmen kann.

Ja, ich schließe von Rechtschreibung auf Intelligenz. Weil es was mit Sorgfalt und Aufmerksamkeit zu tun hat. Und weil bei schriftlicher Kommunikation Ausdruck, Grammatik und Rechtschreibung nun mal maßgeblich den Sinn transportieren. Wenn ich in diesem Medium verstanden werden will, dann muss ich entsprechende Sorgfalt walten lassen. Ich kann auch nicht in Italien mit den Händen rumfuchteln und „si“ und „no“ und „subito“ schreien und erwarten, dass sich alle Italiener bemühen, mich zu verstehen und mir weiterhelfen. Es ist MEIN Job, dafür zu sorgen, dass ich verstanden werde. Genau dafür gibt es – auch außerhalb der Sprache – Regeln. Damit Konflikte umgangen werden, wenn sich jeder daran hält. Zu meinen, dass sie auf einen selbst nicht zutreffen, ist unsozial und arrogant.

Und wenn ich noch einmal einen Kommentar a lá „du weißt ja gar nicht, ob der Schreiber vielleicht Legastheniker ist“ lese, muss ich brechen. Doch. Ich weiß das. Legasthenie hat nämlich typische Anzeichen. Und dazu zählt NICHT die Unfähigkeit, Groß- und Kleinschreibung anzuwenden oder das Nichtanwenden jeglicher Kommaregel, so dass mein Leser gezwungen ist, jeden Satz dreimal halblaut zu lesen, eher er versteht, was ich meine. Das sind Unachtsamkeit und Ignoranz.

So, wer bis hierhin mitgelesen hat: Das musste mal raus. Danke fürs „Zuhören“.

 

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PEGIDA, die Stimme des Volkes und das Mittel der Wahl – Gastbeitrag

In den letzten Wochen habe ich mir viele, sehr viele Gedanken zu dem Phänomen PEGIDA und dem Umgang damit gemacht. Ich habe auch viele Blogeinträge zu dem Thema mitverfolgt, auch die vielen tollen Eindrücke aus München von der lieben Freidenkerin, die die Gegendemos unterstützt und vor allem wunderbar fotografisch festgehalten hat. In den Medien, sei es Radio, Fernsehen oder (Online-)Print, gab es zahllose Artikel und Statements zu dem Thema und allem, was als Randerscheinung mitschwingt.

Ich habe lange überlegt, selbst etwas zu dem Thema zu schreiben, allein: Mir kam jemand zuvor. Jemand, der anders schrieb als viele andere. Jemand, der das Thema von einer ganz anderen Seite betrachtet, und der sich mit seinem Text an all jene richtet, die bei den PEGIDA- und ihren Ablegerdemos mitlaufen, aber eigentlich nur einen Weg suchen, ihrer Stimme Gehör zu verschaffen.

Für Euch ist dieser Text!


Ich poste nix im Internet.

Nie!!!

Und ich äußere mich auch nicht zu politischen Themen in irgendwelchen sozialen Medien.

Aber…

Heute Abend habe ich mir auf Youtube die Interviews der Pegida-Demonstranten angesehen.
In voller Länge.
Und ja, es haben schon genug Leute Aufrufe, Appelle oder sarkastische Kommentare geschrieben. Das möchte ich hier nicht tun, zumindest nicht auf die Art und Weise, die man tausendfach zu lesen bekommt.

Was habe ich auf diesen Videos gesehen?
Menschen, die politikverdrossen sind, enttäuscht von der Regierung, enttäuscht von den Parteien. Menschen, von denen noch genug ein System erlebt haben, wo Nichtwählen ein politisches Statement war, weil es nur eine Partei zu „wählen“ gab.

Dieses Muster wiederholte sich massiv bei der letzten Landtagswahl in Sachsen. Weniger als 50% sind zur Wahl gegangen.
Ich kann auch verstehen, dass es genug Menschen gibt, die sich durch keine der zur Wahl stehenden Parteien repräsentiert fühlen.
Das Problem ist, dass eben diesen Menschen automatisch ein Desinteresse an der Politik, in diesem Fall Landespolitik, unterstellt wird. Das ist auch logisch, denn in unserer Demokratie gibt es ein Mittel, seinen Missmut über die aktuellen Parteien zum Ausdruck zu bringen, und das heißt: ungültig wählen. Seinen Stimmzettel absichtlich so gestalten, dass er nicht gezählt werden kann. Damit zeigt man, dass einem die Politik eben nicht egal ist, man aber nichts von dem wählen kann, was zur Wahl steht.

Um zur Praxis zurückzukehren:
Es ist nicht das Mittel der Wahl zu sagen: „Na, dann bleib ich halt daheim.“
Dieses Statement wird in unserer Gesellschaft nicht mehr so verstanden, wie es vielleicht der Wunsch der unzufriedenen Menschen wäre, deshalb bitte: geht wählen.

Was habe ich noch gesehen?
Menschen, die die unterschiedlichsten Sorgen und Nöte haben, die Transparente in die Luft hielten mit Forderungen, die mit Pegida genau gar nichts zu tun hatten.
Menschen, die auf die Frage, wogegen sie eigentlich demonstrieren oder was sie von den Inhalten oder dem Motto von Pegida hielten, keine Antwort zu nennen wussten, aber dann all ihre Sorgen, wegen denen sie selbst auf die Straße gehen, darlegten.

All jenen sei gesagt: Pegida ist nicht die richtige Plattform für eure Sorgen!
Jeder Bürger dieses Landes hat das Recht, seine Sorgen zu äußern und damit auch ernst genommen zu werden. Aber Pegida ist stumpfer Populismus und alleine die Namenswahl ist mehr als unglücklich getroffen.
Bestimmt sind viele der Menschen, die auf diesen „Spaziergängen“ dabei sind, keine Nazis, aber die laufen eben auch mit und die schreien leider lauter als der Rest. Deshalb pauschalisiert der Rest der Gesellschaft alle, die dort laufen, als rechts.
Im übrigen genau so, wie alle die dort laufen, „die Ausländer“ pauschalisieren, „die sich hier nur ausruhen wollen“. Gegen richtige Flüchtlinge oder ehrlich arbeitende Migranten hat bei genauerem Nachfragen niemand mehr etwas einzuwenden.
Dazu ein paar Takte:
Die jungen „Migranten“, die angeblich nichts tun, außer kriminell zu sein und Drogen zu nehmen, die gibt es nicht! Die Gruppe von Menschen, über die die Demonstranten ihren Unmut äußern, sind in den allermeisten Fällen Deutsche mit Migrationshintergrund, die als dritte oder vierte Generation in Deutschland leben, einen deutschen Pass besitzen und das Heimatland ihrer Vorfahren oft genug noch nie bereist haben. Und unter eben jenen Menschen gibt es genau so viele Kriminelle wie unter Deutschen ohne  Migationshintergrund. Es gibt auch genau so viele freundliche, fleißige, ordentliche Menschen unter ihnen.
Hier gilt dasselbe Problem wie bei der Demonstration: Die Störenfriede fallen auf, die große Masse leidet darunter.

Liebe Sachsen: Ich komme aus der Stadt Deutschlands mit dem prozentual höchsten Ausländeranteil. Wenn man dort durch die Straßen geht, sieht man viele Menschen, die den unterschiedlichsten Ethnien angehören und keiner dieser Menschen möchte einem ans Leder oder beschimpft einen auf offener Straße oder ähnliches. Jeder benimmt sich ganz normal.
Einige Demonstranten beschrieben soziale Brennpunkte. Die gibt es in jeder Stadt und die gab es auch vor 50 Jahren schon. Es wird auch immer Gegenden geben, in die sich manche Bürger nachts nicht mehr trauen, aber auch das hat nichts mit der Ethnie zu tun.
Andere bemängelten, dass es in Schulklassen mehrere Nationalitäten gäbe. Das gab es bei uns vor 15 Jahren schon. Wenn euer Kultusministerium es nicht schafft, ordentliche Bildungspolitik zu machen, hilft nur eins: wählen gehen.
Durch „Wir sind das Volk“-Rufe werdet ihr an dieser Tatsache nichts ändern.

Weiter wurde angeführt, dass in der Grundschule jetzt so schreiben gelernt werde, wie man spricht, damit „die Ausländer“ es besser lernen könnten. Diese Methode heißt „lesen durch schreiben“ und wurde von Jürgen Reichen mitentwickelt. Die ersten Grundlagen dieser pädagogischen Lehrmethode finden sich bereits im Jahr 1983. Diese bei Lehrern bis heute umstrittene Methode wurde als Alternative zum stumpfen Buchstabenlernen entwickelt und nicht extra für Migrantenkinder. Wer sich dafür interessiert, kann die Fakten gerne bei Wikipedia nachlesen.
Ich könnte noch beliebig weitere Bespiele nennen, doch möchte ich gerne ein Fazit schreiben, da ich, denke ich, genug genannt habe.
Ich finde es erschreckend, wie viele Informationsmöglichkeiten es heutzutage gibt und wie wenig sie offensichtlich genutzt werden. Ganz offensichtlich ist es bequemer, sich Allgemeinplätzen hinzugeben, anstatt die Dinge, an denen man sich stört, genauer zu betrachten. An dieser Stelle sei kurz gesagt:
BILD – ist kein Informationsmedium, sondern Dreck.
Es ist des weiteren traurig, dass die Menschen, die da auf die Straße gehen, eine falsche Plattform und eine unangemessene Methode nutzen, um ihre Probleme an die Öffentlichkeit zu tragen.

Liebe Mitbürger: Eure Probleme, wegen denen ihr dort lauft, die hört niemand. Es wird nur das gehört, was die Schreihälse, wegen denen ihr als Nazis bezeichnet werdet, von sich geben.
Wenn ihr wirklich etwas ändern wollt, gebt diesen Menschen keine Grundlage, sondern denkt über eure Sorgen einmal in Ruhe nach – und: GEHT WÄHLEN.


Ich durfte diesen Text hier teilen, mit einigen kleinen Verfremdungen, um die Anonymität zu gewährleisen.

Mit freundlicher Genehmigung von meinem Liebsten.

 

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Reiseimpressionen St. Gallen

Die liebe Susepedia kommt mitunter bei ihrem Job recht viel  herum – im Normalfall in Deutschland. Letzte Woche hat mich der Bahnstreik auf voller Linie erwischt. Ich war in Leipzig und Paderborn unterwegs und hatte viel Spaß, wieder nach Hause in meine schnuckelige kleine Großstadt zu kommen. Immerhin – ne Menge Zeit, um Blogs zu lesen…

Diese Woche ging es das erste Mal für mich in die Schweiz – nach St. Gallen. Als Mediävistin bin ich alleine bei der Ankündigung in die Knie gegangen. In der Stifsbibliothek des Klosters St. Gallen – das seit weit über 1000 Jahren nachgewiesen ist – lagern einige mittelalterliche Handschriften von unschätzbarem Wert. Abgesehen davon ist der Baroksaal der Bibliothek wahrscheinlich der schönste Bibliothekssaal der Welt. Wer mehr wissen will: *klick*

Natürlich brauche ich mir, als Germanistin a.D. ohne irgendein noch vorhandenes wissenschaftliches Backup, nicht ernsthaft Hoffnungen machen, mir die Handschriften anschauen zu können, mit denen ich mich im Studium so viel beschäftigt habe. Aber alleine zu wissen, dass die Nibelungenhandschrift B (Codex Sangallensis 857) dort liegt, nur wenige Meter neben mir, sorgsam verwahrt und liebevoll gepflegt… das macht mir echt eine Gänsehaut.

Nachdem Susepedia also gestern ihr berufliches Pflichtprogramm absolviert hat, ist sie heute in aller Hergottsfrühe durch die Stadt gezogen, um die Bibliothek zu besuchen – und was war? Geschlossen. JAHRESRESTAURATION. Vom 10.-30.11.! *gnaaaarf*

Und Berge gabs auch nicht zu sehen. Alles grau in grau – warum werde ich da auch mitten im November hingeschickt? *seufz* Aber immerhin gab es ein paar tolle Impressionen des mittelalterlichen Stadtkerns rund um die Klosteranlange – in der heute übrigens keine Mönche mehr beten und schreiben, sondern die kantonale Regierung und das Gericht ihren Sitz haben.

Immerhin habe ich ein paar Eindrücke dieses wirklich wunderbar erhaltenen Altstadtbereichs einfangen können.

bemaltes Haus Haus zum Mohren Altstadthaus Altstadt 1

Und auch die Stiftskirche selbst – der Kern des Klosterviertels – ist unfassbar beeindruckend. Ich glaube, ich war noch nie in einer derartig reich verzierten Kirche, die wirklich übervoll ist mit Schnitzereien, Bildhauerarbeiten, Malereien, Stuck, Blattgold… und ich habe noch nie einen derartig großen Altarraum gesehen, der den normalen Gläubigen nicht zugänglich ist. Er nimmt die halbe Länge der Kirche ein. Die Größe stammt daher, dass damals im vorderen Bereich die Mönche ihr Chorgestühl hatten, und davon gab es in St. Gallen eine ganze Menge.

Übrigens ist die jetzige Version der Kirche nicht die mittelalterliche, sondern stammt aus dem ausgehenden 18. Jahrhundert. Wer mehr wissen will, dem sei das allwissende Wiki anempfohlen. *klick*

Ich hatte das Glück, morgens eine Andacht in der Kirche mitzuerleben, und es war unfassbar, welche Akkustik dieses Gemäuer entfaltete, als etwa 25 Personen im Gestühl ein Kyrie Eleison sangen. Ich möchte nicht wissen (oder doch, sogar sehr), wie es sich anhört, wenn dort das Gestühl voll besetzt ist und die zehn- oder gar zwanzigfache Zahl an Kehlen den Gesang in die hohen Hallen trägt.

Stiftskirche 1  Stiftskirche innen Stiftskirche SäulenStiftskirche große Orgel

Übrigens, um zu profaneren Dingen zurückzukehren: Die schlimmsten Anblicke in dieser Stadt, zu einer Uhrzeit, als noch fast alle Geschäfte geschlossen waren und das Frühstück im Hotel noch auf mich wartete, waren diese Schaufenster:

Confiserie Bäckerei

Mein Fazit der Reise: Um einige Eindrücke reicher und so manchen Franken ärmer. Hat sich aber gelohnt!

 
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Verfasst von - 14. November 2014 in berufliches, Geschichtliches, persönliches

 

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Feminismus und Frauenparkplätze

Eines vorweg: Ich bin keine Feministin. Zumindest nicht in dem Sinn, mit dem die Medien diesen Begriff füllen. Ich verfolge Meinungen und Strömungen und bin für mich selbst zu dem Schluss gekommen, dass ich mich und meine Positionen nicht als feministisch, sondern als „aufmerksam“ definieren würde. Ich sehe nicht an jeder Ecke Bedrohungen der weiblichen Integrität und auch keine Männerhorden, die nichts anderes im Sinn haben, als den Frauen den Zugang zu bestimmten Kreisen zu verwehren. Das heißt nicht, dass es die nicht geben mag, daran zweifle ich nicht. Ich glaube nur, dass dieser Typ Mann langfristig vom Aussterben bedroht ist oder nur noch in gewissen sozialen Umfeldern überleben wird, in denen die Diskriminierung von Frauen aber nur eines unter vielen Problemen ist.

In meiner persönlichen Umgebung kenne ich eigentlich nur Männer, für die die Gleichberechtigung einer Frau vollkommen selbstverständlich ist. Was nicht heißt, dass es gewisse Schemata oberflächlich nicht gäbe: Den schweren Schrank gestern beim Umzug meiner Mutter hat mein Liebster mit einem Kumpel geschleppt. Nicht, weil ich eine Frau bin, sondern weil ich die Kraft dafür nicht habe. Beide sind Handwerker. Wäre Xenia dabei gewesen, die auch im Gartenbau schafft, die hätten sie eingespannt. Brüste stören beim Möbelschleppen nicht.

Ich verfolge immer sehr aufmerksam die Diskussionen um das Thema sexuelle Belästigung und fand auch Mollys und Medizynicus‘ Aktion dazu sehr interessant. Die Ergebnisse haben mich erschreckt. Aber ich kann sie für meinen Freundinnenkreis nicht bestätigen. Vielleicht lebe ich in einer Blase. Vielleicht kommt aber bei uns einfach niemand auf die Idee, verbales Blödgequatsche unter die Kategorie von Belästigung zu packen. Aber das ist ein ganz anderes Thema.

Ich habe vor einiger Zeit ein sehr gutes Buch zum Thema Feminismus gelesen: Tussikratie von Teresa Bäuerlein und Friederike Knüpling (gibt es hier). Eine ausführliche Rezension davon steht schon länger auf meiner Blog-Agenda, vielleicht komme ich mal irgendwann demnächst dazu. Auch wenn die beiden Autorinnen in manchen Punkten Themen nur anreißen, bietet es ungeheuer viele Denkanstöße. Kernthese ist: Radikaler Feminismus lässt jedes Problem, das eigentlich gesellschaftlicher, sozialer oder politischer Natur ist, als ein Genderproblem erscheinen, wodurch man sich den eigentlich sinnvollen Lösungsweg, nämlich schlechte Bedingungen für alle zu ändern, aus den Augen verliert, weil man über die Männer herfällt, statt den Schulterschluss zu suchen und gemeinsam Lösungen zu finden.

Aber ich schweife ab. Ich wollte nur deutlich machen, dass ich im Normalfall in Bezug auf feministische und Genderthemen relativ unaufgeregt durch meinen Alltag gehe.

In der kleinen Großstadt, in der ich lebe, wird seit geraumer Zeit die Innenstadt erneuert. Was dringend notwendig war, denn auf der Liste der hässlichsten Innenstädte stand diese recht weit oben. Aber die Stadt ist sehr bemüht, sich trotz der Nähe zur großen Großstadt ein eigenes Profil zu erhalten, mit Kulturprogrammen, Sportevents und eben auch einer attraktiven Innenstadt.

Im Rahmen der Erneuerung wurde die Tiefgarage unter dem zentralen Platz komplett saniert. War auch dringend notwendig. Jetzt ist sie schick und hell und viel besser aufgeteilt.

Es gibt dort auch Frauenparkplätze.

Grundsätzlich stört mich das nicht, ich finde es gut, wenn diese Plätze nah am Eingang sind, gut ausgeleuchtet, in der Nähe einer Notrufeinrichtung usw. Ich rege mich auch nicht über rosa gestrichene oder mit Blumen verzierte Muster auf Boden und Wänden drumherum auf, die mal in einer größeren Stadt bis zu Demonstrationen von Feministinnen gegen dieses Klischee geführt haben. Meinetwegen sollen die Dinger Blumen tragen. Das tun sie in der bewussten Tiefgarage aber noch nicht mal.

Aber: Die Parkplätze sind alle rechtwinklig zu den Fahrstreifen angeordnet. So passen immer drei zwischen zwei Säulen. Das ist völlig okay. Die Frauenparkplätze, die in der zentralen Reihe vorne sind, sind aber schräg angeordnet, so dass man bequem reinfahren kann, ohne in eine 90°-Lücke zu rangieren. Dafür passen nur zwei zwischen zwei Säulen.

Und das fuchst mich unfassbar. Denn das, was da gemacht wurde, ist in meinen Augen echter Sexismus. Hier wurde Frauen nämlich keine gesellschaftlich induzierte Vorliebe unterstellt (wie bei rosafarbenen, blumenverzierten Plätzen), sondern hier wurde den Frauen eine physische Fähigkeit abgesprochen: „Frauen können ja nicht so gut einparken“, wird sich da ein gutmütiger Planer gedacht haben, „also machen wir die Plätze mal größer und bequemer.“ Das war ganz sicher nett und rücksichtsvoll gemeint. Aber das ist tatsächlich die gefährliche Variante von Sexismus, denn sie ist unbewusst und spricht den Frauen eine objektive, physische Begabung ab. Und das ist in der Tat brandgefährlich. Ich bin sehr locker eingestellt, was manche sozialen Prägungen und Einstellungen in Bezug auf Geschlechtsunterschiede angeht, weil man die erkennen und im Zweifelsfall aushebeln kann. Aber eine biologische Komponente bedeutet, die Unterschiede auf objektive Umstände zurückführen zu wollen, und das ist – im Wortsinn – sexistisch.

Klar, vielleicht stand da der Gedanke dahinter, dass Frauen öfter mit Kinderwagen hantieren. Aber dann, bitteschön, macht Eltern-Kind-Parkplätze draus! Ich sehe jeden Morgen beim Pendeln mehr Männer als Frauen mit Kinderwagen, die ihre Kinder vor der Arbeit noch in die Kita bringen. Das sollte auch in den Köpfen mancher Stadtplaner allmählich ankommen.

 
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Verfasst von - 30. Oktober 2014 in Gesellschaftliches, persönliches

 

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